Bedeutung von Warten

Besser Warten

Sind Menschen, die abwarten können, erfolgreicher im Leben?

Es gibt im Alltag immer wieder Situationen, in denen wir warten müssen. Sei es, weil die Bahn später kommt, weil wir im Stau stehen, in der Arztpraxis sitzen oder die Kinder ihre Schuhe immer noch nicht angezogen haben. Meistens gefällt uns diese Zeit, in der wir uns zur Untätigkeit verdammt fühlen, nicht besonders. Doch wieso ist das Warten so wenig positiv besetzt? Und geht es uns allen so?

Generell kann man sagen, dass Warten niemanden kalt lässt. Das Alltagsphänomen ist im Grunde das Erleben von Zeit – allerdings sehen wir es nicht immer so wertneutral. In unserer Gesellschaft, in der es darum geht, das vermeintlich stets knappe Gut bestmöglich zu nutzen, wird das Nichtstun beim Warten, die Unterbrechung im Zeitfluss, als Verschwendung, weil unproduktiv, erlebt. Das sorgt für Ungeduld und Unruhe.

Darüber hinaus ist das Wartenlassen ein nicht selten eingesetztes Machtmittel, um die eigene Überlegenheit zu demonstrieren. Hinzu kommt , dass wir oft gezwungen sind, an öffentlichen Orten zu warten, an denen wir uns nicht besonders wohl fühlen. Je wichtiger uns ist, worauf wir warten, desto weniger wertneutral können wir das Warten sehen. Stellen Sie sich vor, Sie stehen in einer Schlange für ein Konzertticket an, und es ist nicht klar, ob Sie eines der letzten Tickets ergattern können.

Warten auf Marshmallows – und was es über uns aussagt

Kennen Sie den Marshmallow-Test von Walter Mischel? In diesem psychologischen Experiment setzte man 1968 bis 1974 vierjährigen Kindern Süßigkeiten vor und stellte sie vor die Wahl, die Süßigkeit entweder sofort aufzuessen oder nach einer bestimmten Wartezeit eine zweite zu erhalten. Dieser Belohnungsaufschub gelang einigen Kindern, anderen hingegen nicht. Im weiteren Verlauf des Experiments stellte man zwischen der Fähigkeit des Wartens, also des Belohnungs- und Bedürfnisaufschubs im Kindesalter, und dem späteren akademischen oder beruflichen Erfolg einen deutlichen Zusammenhang fest! Allerdings haben andere Studien später kulturelle Unterschiede in der Fähigkeit des Wartens bezeugt: In einer Vergleichsstudie schnitten beispielsweise Kinder aus Kamerun deutlich besser ab als deutsche. Das Wartenkönnen ist also abhängig von verschiedenen Zeit-Kulturen.

Falls Sie auch nicht zu den gelassensten Warterinnen und Wartern gehören, dürfte Sie eben-falls trösten, dass die Aussagekraft von Mischels Studie mittlerweile differenzierter gesehen – und das Wartenkönnen nicht nur als Komponente der Selbstkontrolle gesehen wird. Der Zu-sammenhang mit der späteren Leistung ließe sich statistisch nur zu einem Viertel anhand der Selbstkontrolle erklären, heißt es heute.

Strategien für ein erfülltes Warten

Wenn das Warten ein so fester Bestandteil unseres Lebens ist, wie können wir es dann erträglicher machen? Oder gar genießen? Ein erster Schritt ist zu lernen, Muße zu erleben – oder sich in Achtsamkeit zu schulen. Für die kindliche Entwicklung ist Langeweile von zentraler Bedeutung. Auch Erwachsene können produktiver und kreativer werden, wenn sie nichts anderes tun als ihren Gedanken nachzuhängen. Probieren Sie doch beim nächsten Warten einmal, nicht aufs Handy zu schauen, sondern Ihre Gedanken zu beobachten. Schon wird aus der Wartezeit kostbare Meditationszeit. Yogapraktizierende nutzen die Zeit des Nichtstuns auch gerne für Atemübungen. Das bewusste Ein- und Ausatmen aktiviert den Parasympathikus, der Körper schaltet in den Entspannungsmodus, vor allem, wenn das Ausatmen länger als das Einatmen dauert.

Hier unsere kleine Atemübung für Ihre nächste Wartezeit: Atmen Sie durch die Nase ein, in dem Sie auf vier zählen. Halten Sie den Atem an und zählen Sie dabei auf vier. Und atmen Sie aus, indem Sie auf acht zählen. Viel Erfolg dabei!

Wo wartet es sich am besten?

Je attraktiver der Ort ist, an dem wir Warten, desto angenehmer wird es. Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Sonnenuntergang am Meer und warten, dass die Sonne untergeht. Was gibt es Schöneres? Oder Sie nehmen auf einem bequemen Sofa Platz und beobachten das Treiben um Sie herum. Lassen Sie sich von unseren Einrichtungslösungen inspirieren und sehen Sie sich unterschiedliche Warte- und Empfangsbereiche an. Wo würden Sie liebend gerne warten? Und worauf?

Verwendete Literatur

Stangl, W. (2019). Stichwort: 'Marshmallow-Test'. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik. https://lexikon.stangl.eu/3697/marshmallow-test/ (2019-10-14) Westhoff, A. und J. (2016). Deutschlandradio Kultur, Zeitfragen / Archiv. Beitrag vom 04.08.2016 Gelitz, C. (2018). Marshmallow-Test. Wurde das berühmte psychologische Experiment falsch interpretiert? Psychologie / Hirnforschung. Beitrag vom 31.05.2018